Geldpolitik in bewegten Zeiten

Bundesbankdirektor Reinhard Pfaffel zu Gast am Donau-Gymnasium Kelheim
Bundesbankdirektor Reinhard Pfaffel zu Gast am Donau-Gymnasium Kelheim

Am 16.01.2018 informierte Bundesbankdirektor Reinhard Pfaffel, Leiter der Deutschen Bundesbank-Filiale in Regensburg, die Oberstufenschüler des Donau-Gymnasiums Kelheim im Fach „Wirtschaft und Recht“ über die aktuelle Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB).

„Was könnte euch zur Deutschen Bundesbank in Regensburg führen?“ Mit dieser Einstiegsfrage gelang es dem Bundesbankdirektor sofort das Interesse der Wirtschaftsoberstufenkurse zu wecken. Herr Pfaffel erklärte diesbezüglich, dass die Bevölkerung noch immer mehr als 12 Milliarden Deutsche Mark hortet. Diese können jederzeit bei der Deutschen Bundesbank in Euro umgetauscht werden.

Im weiteren Verlauf des Vortrags ging es vorrangig um das Hauptziel der Geldpolitik der EZB, nämlich die Preisniveaustabilität im Euroraum zu gewährleisten. Die EZB strebt dabei jedoch keine Inflationsrate von 0 % an, sie definiert Preisniveaustabilität als den Anstieg des harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) für das Euro-Währungsgebiet von mittelfristig unter, aber nahe 2 % gegenüber dem Vorjahr.

Da die EZB für die Geldpolitik im gesamten Euroraum zuständig ist, würde eine durchschnittliche Inflationsrate von 0 % zwangsläufig dazu führen, dass einige Euroländer negative Inflationsraten zu verzeichnen hätten und diese daher in die Deflation gezwungen würden und unnötige Anpassungskosten entstünden. Außerdem wird die tatsächliche Inflation durch den HVPI tendenziell überzeichnet und durch die „Zielmarke“ von 2 Prozent soll ein ausreichender Sicherheitsabstand zur Deflation gewahrt werden.

Der Bundesbankdirektor informierte darüber, dass eine Deflation und damit sinkende Preise zu einer Rezession im Euroraum führen können, wenn die Kosten der Unternehmen stabil bleiben. In den letzten beiden Jahren ist laut dem Bundesbankdirektor jedoch ein alternatives Szenario eingetreten, dass nämlich die Kosten der Unternehmen viel stärker gesunken sind als die Preise. Dies führte zu steigenden Unternehmensgewinnen, steigenden Löhnen und folglich zu positiven Auswirkungen auf die Konjunktur im Euroraum. Hierbei kann man nach Herrn Pfaffel nicht von einer gefährlichen Situation und auch nicht von einer Deflation sprechen, da negative Auswirkungen auf die Wirtschaft unterbleiben.

Da die Inflationsrate im Euroraum laut EZB-Präsident Mario Draghi derzeit zu gering ist, um Preisniveaustabilität zu gewährleisten, hat die EZB verschiedene geldpolitische Maßnahmen ergriffen. So hat die EZB beispielsweise den Leitzins auf 0 % gesenkt, was sich natürlich auch auf den Zinsertrag jugendlicher Sparer auswirkt. Für eine Anlage auf einem Sparbuch erhalten jugendliche Sparer bei Kreditinstituten derzeit sehr niedrige Zinssätze im Bereich von 0,00 bis 0,02 %. Daneben gibt es jedoch die Gewinner der aktuellen Niedrigzinsphase. Zu diesen gehören insbesondere die europäischen Staaten. Die verbilligte Kreditfinanzierung kann die Eurostaaten aber auch dazu verleiten, mehr Schulden aufzunehmen.

Der Bundesbankdirektor erklärte in diesem Zusammenhang, dass die EZB keine direkten Kredite an Staaten vergeben darf, jedoch Staatsanleihen auf dem Sekundärmarkt erwerben darf, um ihre geldpolitischen Ziele zu erfüllen. Seit April 2016 kauft die EZB Wertpapiere an. Diese Ankäufe sollen voraussichtlich bis September 2018 andauern. Bis dahin addieren sich die Käufe auf rund 2,6 Billionen Euro. Herr Pfaffel informierte die Schüler darüber, welche Wirkungen diese quantitative Lockerung haben soll bzw. haben kann.

Herr Pfaffel beendete seinen Vortrag damit, unter welchen Bedingungen in Zukunft eine Abkehr von der expansiven Geldpolitik möglich ist.

Laut EZB-Präsident Mario Draghi ist dies nur möglich, wenn über einen mittelfristigen Zeitraum die Inflationsentwicklung im Einklang mit der Zielrate des Eurosystems, nachhaltig und selbsttragend bezogen auf den Währungsraum als Ganzes ist.

Dazu müssen die EWU-Problemstaaten ihre Haushalte konsolidieren und nötige Strukturreformen durchführen, um das Wachstumspotential ihrer Volkswirtschaften zu erhöhen. Außerdem müssen Mängel im Ordnungsrahmen der Währungsunion abgestellt werden. Dies kann beispielsweise dadurch erreicht werden, dass dem Haftungsprinzip wieder Geltung verschafft wird und keine weitere Vergemeinschaftung von Risiken im Euroraum vollzogen wird. Nationale Entscheidungen sollten auch eine nationale Haftung zur Folge haben. Alternativ können auch fiskalpolitische Kompetenzen auf die europäische Ebene übertragen werden. Hierbei werden gemeinschaftliche wirtschaftspolitische Entscheidungen getroffen und dafür haften die Euroländer auch gemeinschaftlich.

Am Ende bedankte sich Fachschaftsbetreuerin StRin Kathrin Albersinger für den spannenden und informativen Vortrag, bei dem der Bundesbankdirektor die Schülerinnen und Schüler gekonnt miteinbezog und ihnen die geldpolitischen Zusammenhänge auf eine sehr anschauliche Art und Weise näher bringen konnte.