Spurensucher vor Ort!

Frischer Wind im Geschichtsunterricht: 30 Donau-Gymnasiasten erforschen die Geschichte der Heimat!

Spurensucher an der Universität Regensburg (Foto M. Mallmann)

„Grabe, wo du stehst!“, so lautet das Motto des schwedischen Literaturhistorikers Sven Lindquist, das in seiner Heimat in den Siebzigerjahren eine Geschichtsbewegung auslöste. Diesen Wahlspruch machen sich momentan zwei W-Seminare (wissenschaftspropädeutische Seminare) im Fach Geschichte am Donau-Gymnasium: „Spurensucher vor Ort“ unter der Leitung von Michaela Mallmann und Christian Pöllath zu eigen.

Unterstützt werden sie hierbei von den Kooperationspartnern vor Ort und dem Haus der Bayerischen Geschichte.

Ziel der W-Seminare am Gymnasium ist es, den Schülerinnen und Schülern zu einer kritischen und hinterfragenden Einstellung zu verhelfen und sie zugleich in der Entwicklung ihrer Persönlichkeit zu unterstützen. Gerade die Auseinandersetzung mit der Regionalgeschichte bedient diese Forderungen völlig und so verwundert das enorme Interesse an dem Seminar nicht, das von den Schülerinnen und Schülern selbst gewählt werden konnte. Mit 30 Teilnehmern ist auch am Donau-Gymnasium eine kleine Geschichtsbewegung entstanden, die durch ihre Arbeit deutlich machen wird, dass Geschichte ein Teil unserer eigenen Identität ist und dass diese sich mitnichten nur in der Ferne abspielt. Am Ende des Schuljahres wird jeder Teilnehmer eine Seminararbeit zu einem regionalhistorischen Thema seiner Wahl abfassen, die seine Studierfähigkeit unter Beweis stellt, also ersten wissenschaftlichen Ansprüchen genügen muss.

Um die Schülerinnen und Schüler auf diese durchaus anspruchsvolle Aufgabe vorzubereiten, erklärte sich Dr. Georg Köglmeier, Akademischer Oberrat am Lehrstuhl für Bayerische Landesgeschichte in Regensburg und Leiter des Gemeindearchivs Bad Abbach, mit Freude bereit, am 12.12.2017 einen Workshop abzuhalten. Dr. Köglmeier, selbst ehemaliger Schüler des Donau-Gymnasiums, führte die Teilnehmer in das wissenschaftliche Arbeiten als Historiker ein. Zuerst erläuterte der Experte die Problematik der Arbeit mit historischen Quellen. Er mahnte dringend zum kritischen Umgang mit diesen, da sie subjektiv, aus der Sicht des Schreibenden abgefasst sind. Die Intention des Verfassers ist nicht immer die objektive Wiedergabe des Geschehenen. Häufig ist die Darstellung lückenhaft, durch unvollständige Quellen oder gar eine nicht vorhandene Dokumentation. Ein weiterer Faktor erschwert die Auswertung der Quellen: die sogenannte Standortgebundenheit des Historikers. Damit ist gemeint, dass auch die persönlichen Überzeugungen des Forschers mehr oder weniger bewusst in die Ergebnisse seiner Arbeit miteinfließen. Die schriftliche Fixierung der Vergangenheit kann folglich niemals mit dem wirklich Geschehenen identisch sein. Geschichte wird über die erzählenden Darstellungen, sogenannte Narrationen vermittelt. Damit ist sie immer auch eine Konstruktion des Historikers.

So gilt es bei der Arbeit als Historiker, auf der Hut zu sein und auch die eigene Sicht auf die Ereignisse im Auge zu behalten. Ziel des Wissenschaftlers muss trotzdem eine möglichst objektive Darstellung sein. Dazu müssen die Kriterien der Geschichtswissenschaft beachtet werden: Der Historiker arbeitet systematisch und methodisch, d.h. er grenzt einen relevanten Teilbereich ein und geht in einer bestimmten Abfolge von Schritten vor. Das Geschriebene muss außerdem für jedermann nachprüfbar und damit belegbar sein.

Dr. Köglmeier bei seinem Vortrag am DGK (Foto M. Mallmann)

Anschließend informierte Dr. Köglmeier die Schüler darüber, wie und wo sie an wertvolle Informationen für ihre Seminararbeiten gelangen, wobei er ihnen einige wissenschaftliche Internetseiten zeigte, jedoch auch darauf verwies, dass die gedruckten Bücher die verlässlicheren Quellen sind. In der Einleitung der W-Seminararbeit muss der aktuelle Forschungsstand kurz zusammengefasst werden, so der Wissenschaftler.

Auf die Vorbereitung in der Theorie folgten die ersten Schritte in der Praxis. Zum Abschluss bearbeiteten die Schüler in Kleingruppen unterschiedliche Textquellen, um das neu gewonnene Wissen gleich in die Praxis umzusetzen und es somit zu festigen. Im abschließenden Plenum erkannte man, wie unterschiedlich ein und dasselbe Ereignis in den Quellen dargestellt wurde.

Archivgut Kanalverein (Stadtarchiv Kelheim)

Die jungen, mutigen Forscher werden in ihrem außergewöhnlichen Unterfangen durch externe Kooperationspartner betreut: Das Stadtarchiv Kelheim und andere örtliche Archive sowie das Archäologische Museum, der Lehrstuhl für Bayerische Landesgeschichte, die DOLINA Gesellschaft für Landeskunde e.V. und das Stadtmuseum Abensberg haben dankenswerterweise ihre Hilfe angeboten. Sie alle standen den Schülerinnen und Schülern schon bei der Themenfindung mit Rat und Tat zur Seite. Zuletzt haben sich das Staatsarchiv in Landshut und das Bayerische Hauptstaatsarchiv in München als Partner angeboten. Sie eröffnen damit den Spurensuchern völlig neue Zugriffsmöglichkeiten auf die Vergangenheit ihrer Heimat.  Angespornt werden sie zudem durch das Angebot des Hauses der Bayerischen Geschichte, Zusammenfassungen der besten W-Seminararbeiten auf der zukünftigen Homepage der Bavariathek, der digitalen Erweiterung des Museums der Bayerischen Geschichte, zu veröffentlichen.

Gut gerüstet und im besten Wissen, dass unsere Region genug Schätze birgt, machen sich die W-Seminaristen auf den Weg, um aus den historischen Spuren erste wissenschaftliche Arbeiten werden zu lassen, die über die Schule hinaus Beachtung finden werden.

 

Mallmann, H. Hointza (Q11)